- Katzen extra / Ausgabe November 1999 -

Ich liebe immer schon die Farbe rot, was sich in den verschiedensten Lebensgefühlen ausdrückt und wenn man Psychologen zu Worte kommen läßt, wissen diese zu den jeweiligen Farb-Favoriten sehr viel zu sagen. Meine erste eigene Katze und der erste eigene Hund waren beide rot, rotgestromt, um im Züchter-Jargon zu bleiben. Und „Whisky", meine erste rote Katze, eine chinesische Hauskatze aus einem englischen Haushalt in Hong Kong, zeigte mir bereits vor 20 Jahren, daß die „Roten" etwas besonderes sind, einfach anders. Rote Katzen, so heißt es, sind meist sehr intelligent, lebhafter als andersfarbige Wurfgeschwister, und das kann ich nur bestätigen. Eine Freundin, die sowohl „Perser" mit Rotanteil als auch „Briten" in creme (also rotverdünnt) hat, sagt immer dazu: „Die Roten haben einen Triller unterm Pony", was bedeutet, sie sind ein bißchen verrückt. Aber natürlich auf eine besondere Art, eine liebenswerte Art. Rote Katzen gibt es bei fast allen Zuchtrassen, natürlich ebenso bei den „Hauskatzen" und immer wenn ich nachfragte, hieß es, ja die „Roten" sind schon etwas besonderes. Und was wieder besonders ist, egal ob rot-tabby oder rot-getupft, die meisten rein „Roten" ohne jeden anderen Farbtupfer oder zweite Farbe sind meist männlichen Geschlechts.

Es gibt viele rote Katzen, die schon sozusagen „Geschichte geschrieben haben", wie z. B. Kater „Garfield", der seit -zig Jahren als Cartoon-Figur in allen möglichen Formen begeistert. Er ist dick und liebenswert, dick und rund, na und, wie es in seinen Sprüchen heißt. Und „Kater" hieß der Rote im Film-Klassiker „Frühstück bei Tiffany", über dessen glückliches End-Schicksal ich mehr „geflennt" habe, als über das des Film-Liebespaares. Rote Katzen werden von den Engländern „Ginger-Cats" genannt, denn gekochter Ingwer hat die Färbung, wie eine schöne rotge-stromte Katze. Ingwer wiederum ist im Geschmack erst süß und hat dann eine gewisse Schärfe - hier steckt also richtig Pfeffer drin. Nach meiner ersten roten Katze „Whisky", die an Magenkrebs aufgrund ihrer ungewöhnlichen Macke, Textilien zu fressen, gestorben war, hatte ich den roten Kater Perser-Hauskatzen-Mix „Maxe", der leider mit sechs Jahren bereits an Nierenversagen starb. Nachfolger wurde Hauskater „Teddy", ein roter kleiner Derwisch, der sich nicht im Haus halten ließ und dann leider mit nur zwei Jahren überfahren wurde, obwohl er hinter dem Haus einen Riesenwald zum Toben hatte.

Ein „Roter" mußte wieder ins Haus und seit neun Jahren lebt nun Kater „Jeremy", ein rotgestromter Maine-Coon-Kater bei mir und macht all seinen roten Brüdern und Schwestern sozusagen alle Ehre. Er war schon der „Anführer" seiner Wurfgeschwister, immer voraus, immer vornean, und immer frech und selbstbewußt. So kannte ich die Roten. Und als ich „Jeremy" zu mir nach Hause holte, begrüßte er ganz selbstverständlich als erstes die größten Tiere im Hause, die Berner Sennenhunde. Sie wurden seine großen Kuschelfreunde, an denen er sich in gewisser Weise orientierte, nur so kann ich es erklären, daß er fast folgsam wie ein Hund wurde. Dies hatte ich aber bereits bei „Whisky" erlebt, die als Spielkameraden damals die Hündin „Spot" hatte.

„Jeremy" ist das unangefochtene Oberhaupt meiner Katzen-Gang. Seine Präsenz wirkt Wunder. Er schlichtet, falls mal zwei Kätzinnen schlechte Laune haben und sich anfauchen. Sofort ist „Jeremy" da - stellt sich dazwischen und putzt erst die eine und dann die andere Streiterin. Und schon ist Ruhe. Er ist der „Vorkoster" wenn Futter-Zeit ist, und er nutzt dieses natürlich aus, indem er von Futter-Schale zu Futter-Schale geht. Dies ist aber auch das Zeichen für den Rest der „Gang", daß da etwas Leckeres ist. Er begrüßt als erster alle Gäste im Hause und der Schoß, auf dem er gesessen hat, wird schnell von der nächsten Katze wieder belegt, nachdem er sich den nächsten Schoß ausgekuckt hat. Wen „Jeremy" mag, dem zeigt er das auch, und teilweise sind seine Zuneigungsbezeugungen ziemlich derb. Dann muß ich ihn zur „Ordnung" rufen, denn wenn er anfängt zu treteln und zu trampeln, um sich an den jeweiligen Menschen anzukuscheln, kann das etwas weh tun. Na ja, bei sieben Kilo Kater kein Wunder. Was „Jeremy" macht und womit er spielt, das ist o.k.,

da geht auch die Katzenmutter ruhig mal ihrer eigenen Wege, denn „Jerry" ist ja da. Und er ist der erste, der die Kitten beschnuppern darf und in der „Kinderstube" geduldet wird. Er genießt es regelrecht, wenn Kitten im Hause sind, da ist so richtig was los und er kann den Beschützer rauskehren. Die Kitten suchen sich ganz gezielt „Jeremy" aus, um einen Schabernack auszuprobieren, mit seinem buschigen Schwanz kann man gut spielen. Ihm wird Beute gebracht, weil er diese so toll verbuddeln kann und dann sucht man gemeinsam danach. Im Winter ist „Jeremy" eine richtige Wärmflasche. In seinem Fell kann ein kleines Kätzchen kuscheln, und es ist erstaunlich, wie lange er in allen möglichen Stellungen wegen des Kittens aushält. Nie habe ich es erlebt, daß er ein Kitten angefaucht oder gehauen hat.

Schön vorsichtig sein beim ersten Ausgang - “Jeremy” warnt vor allen Gefarhren

Laß dich putzen, Du bist dreckig - aus Kitten werden große Katzen, aber “Jeremy” bemuttert sie weiterhin.

Natürlich zeigt „Jeremy" den Kitten auch, was man so alles für Blödsinn machen kann, wie z. B. etwas Leckeres vom Tisch stehlen, oder wie man bettelt, ohne aufdringlich zu wirken. Da wird nur die Tatze vorsichtig ausgestreckt, erst berührt man den Arm des Menschen und wenn man an seinen Kopf, bzw. die Wange kommt, ist das noch besser. Das ganze natürlich ohne Kralleneinsatz. Er strahlt soviel Selbstbewußtsein und Ruhe aus, daß sich das auf die anderen Katzen überträgt. Und das beeindruckendste Erlebnis hatte ich, als meine Berner-Sennenhündin „Hummel" zu Hause eingeschläfert werden mußte - „Jeremy" schmuste und schnurrte bis zum letzten Atemzug um sie herum während ich sie

streichelte und in meinen Armen hielt. Und „Jeremy" trauerte ebenso wie ich. Ein vertrauter, lieber Kumpel war auf einmal nicht mehr da. Und bei allem, was was er tut, gibt er seinen Kommentar ab. Ich glaube, er hat eine richtige eigene „Katzensprache" entwickelt, welche die anderen Katzen auch verstehen. Seine Tochter “Buffy” hat übrigens fast die gleiche Art Zwiesprache mit den Menschen und den Mit-Katzen zu halten. Seine „Kommentare" klingen nicht wie „Miau", eher wie ein krächzendes „Määähhhhh", und das in verschiedenen Tonlagen und verschiedener Länge. Gerne macht er seine Runde im Garten, aber wenn Autos vorbeifahren, rennt er zur Eingangstür. Auch hier ist sein Verhalten wieder Vorbild für junge Katzen, die noch nie vorher draußen waren. Sie suchen dann bei ihm Schutz und orientieren sich an seinem Verhalten. Legt er sich hin, legen sie sich dazu, geht er auf „Pirsch", machen sie mit. Und er zeigt ihnen auch gleich die Grenzen - halt, hier ist Wasser, oder Vorsicht, hier sind diese komischen Riesentiere, sprich Kühe.

Meint er, daß eine Kletterei zu gefährlich für kleine Kätzchen ist, eilt er dazu und versucht, das Kitten von der Höhe herunterzulotsen - mit „Määähhh" und liebevollen Stubsern.

Dies setzt sich allerdings auch noch fort, wenn aus kleinen Kitten größere Katzen geworden sind. Manchmal bleibt ein Kätzchen oder Kater aus einem Wurf hier im Hause. Diese „bemuttert" er noch lange Zeit auf seine fürsorgliche Art. So putzt er den mittlerweile sechs Kilo schweren „Picobello" immer noch, wenn dieser sich seiner Meinung nach draußen dreckig gemacht hat. Und wehe, der hält nicht still. Dann folgt ein warnendes „Määähhh", und wenn das nichts

hilft, gibt es einen kleinen Nackenbiß. Und danach liegen die beiden vereint und eng aneinander gekuschelt an einem schattigen Platz, den natürlich „Jeremy" ausgesucht hat. Er ist halt das, was sich die Menschen so unter einem patenten, liebevollen großen Bruder vorstellen.